Einmal auf die Würdigung Jan Hus' auf dem wichtigsten Prager Platz aufmerksam gemacht, begann ich aber, die Tatsache an sich interessant zu finden, dass dem mittelalterlichen Reformer ausgerechnet im säkularen Tschechien eine so große Bedeutung beigemessen wird.
Die erste einigermaßen witzige Beobachtung, die man jeglichen Plastiken Jan Hus' gegenüber machen muss, besteht darin, dass es vollends unbekannt ist, wie der Begründer des Hussitentums ausgesehen hat. Das bekannteste Porträt Jan Hus' stammt aus den Pinselstrichen eines unbekannten Malers des 16. Jahrhunderts und ist genauso sehr Phantasieprodukt wie das Denkmal auf dem Altstädter Ring. Der andere Punkt, über den man sich wundern kann, ist die Würdigung eines prelutheranischen Reformators, der bis jetzt trotz einer solchen Empfehlung des ehemaligen Prager Erzbischofs Miroslav Vlk an den Vatikan keine Rehabilitierung von der katholischen Kirche erfahren hat, die ihn 1415 auf dem Kostanzer Konzil hinrichten ließ und die immerhin als einzige Kirche in der Tschechischen Republik überhaupt eine Rolle spielt. Nur 2,3 Prozent der tschechischen Bevölkerung ist protestantisch; trotzdem genießt Jan Hus in der ganzen Bevölkerung einen Ruf als Befreier der Nation.
Als ich vergangene Woche mit Freunden einen Ausflug ins südböhmische Tábor machte, entdeckten wir vor Ort das "Jan-Hus-Museum" und zeigten uns allesamt überrascht darüber, wie viele Städte der immerhin im Alter von 45 Jahren Hingerichtete in seinem kurzen Leben bereist haben sollte. Bei der nachträglichen Recherche stellte ich enttäuschenderweise fest, dass Jan Hus tatsächlich niemals in Tábor gewesen war; lediglich seine radikalen Anhänger waren 1420 auf die im heutigen Tábor gelegene Festung Kotnov gezogen, um dort einen Gottesstaat zu errichten. Als Aushängeschild für Touristenbesuche eignet er sich trotzdem: Als wir in dem Táborer Museum nachfragten, ob die Stadt viele ausländische Gäste empfange, donnerte uns ein "selbstverständlich" entgegen und wir wurden auf die historische Bedeutung Jan Hus' aufmerksam gemacht, über den man sich im gleichnamigen Museum schließlich ausführlich informieren könne. Warum sich der aufmüpfige Rektor der Karlsuniversität aber den Status des Volksbefreiers erworben hat und heute als Nationalheld gefeiert wird, beantworten auch die ausführlichen Informationstafeln nicht. Da wird freilich der mittelalterliche Konflikt zwischen Weltlich- und Geistlichkeit aufgeführt; wie das aber zur politischen Rolle eines Prager Priesters und Universitätsrektors passt und warum dessen Lebensende im Zusammenhang mit dem ersten Prager Fenstersturz steht - das bleibt irgendwo zwischen den Zeilen verborgen.
Niemand will Jan Hus absprechen, ein tschechisches Nationalbewusstsein aus der Taufe gehoben und dem Königreich Böhmen zu seiner Eigenständigkeit verholfen zu haben. Wie viel ehrliche Anerkennung steckt aber hinter seiner Denkmalsetzung, wenn nicht einmal das Museum, das sich angesichts seines Namens eigentlich ausschließlich mit diesem Thema befassen sollte, erklärt, warum er als zentrale politische Figur Böhmens gefeiert wird?
Die erste einigermaßen witzige Beobachtung, die man jeglichen Plastiken Jan Hus' gegenüber machen muss, besteht darin, dass es vollends unbekannt ist, wie der Begründer des Hussitentums ausgesehen hat. Das bekannteste Porträt Jan Hus' stammt aus den Pinselstrichen eines unbekannten Malers des 16. Jahrhunderts und ist genauso sehr Phantasieprodukt wie das Denkmal auf dem Altstädter Ring. Der andere Punkt, über den man sich wundern kann, ist die Würdigung eines prelutheranischen Reformators, der bis jetzt trotz einer solchen Empfehlung des ehemaligen Prager Erzbischofs Miroslav Vlk an den Vatikan keine Rehabilitierung von der katholischen Kirche erfahren hat, die ihn 1415 auf dem Kostanzer Konzil hinrichten ließ und die immerhin als einzige Kirche in der Tschechischen Republik überhaupt eine Rolle spielt. Nur 2,3 Prozent der tschechischen Bevölkerung ist protestantisch; trotzdem genießt Jan Hus in der ganzen Bevölkerung einen Ruf als Befreier der Nation.
Als ich vergangene Woche mit Freunden einen Ausflug ins südböhmische Tábor machte, entdeckten wir vor Ort das "Jan-Hus-Museum" und zeigten uns allesamt überrascht darüber, wie viele Städte der immerhin im Alter von 45 Jahren Hingerichtete in seinem kurzen Leben bereist haben sollte. Bei der nachträglichen Recherche stellte ich enttäuschenderweise fest, dass Jan Hus tatsächlich niemals in Tábor gewesen war; lediglich seine radikalen Anhänger waren 1420 auf die im heutigen Tábor gelegene Festung Kotnov gezogen, um dort einen Gottesstaat zu errichten. Als Aushängeschild für Touristenbesuche eignet er sich trotzdem: Als wir in dem Táborer Museum nachfragten, ob die Stadt viele ausländische Gäste empfange, donnerte uns ein "selbstverständlich" entgegen und wir wurden auf die historische Bedeutung Jan Hus' aufmerksam gemacht, über den man sich im gleichnamigen Museum schließlich ausführlich informieren könne. Warum sich der aufmüpfige Rektor der Karlsuniversität aber den Status des Volksbefreiers erworben hat und heute als Nationalheld gefeiert wird, beantworten auch die ausführlichen Informationstafeln nicht. Da wird freilich der mittelalterliche Konflikt zwischen Weltlich- und Geistlichkeit aufgeführt; wie das aber zur politischen Rolle eines Prager Priesters und Universitätsrektors passt und warum dessen Lebensende im Zusammenhang mit dem ersten Prager Fenstersturz steht - das bleibt irgendwo zwischen den Zeilen verborgen.
Niemand will Jan Hus absprechen, ein tschechisches Nationalbewusstsein aus der Taufe gehoben und dem Königreich Böhmen zu seiner Eigenständigkeit verholfen zu haben. Wie viel ehrliche Anerkennung steckt aber hinter seiner Denkmalsetzung, wenn nicht einmal das Museum, das sich angesichts seines Namens eigentlich ausschließlich mit diesem Thema befassen sollte, erklärt, warum er als zentrale politische Figur Böhmens gefeiert wird?
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